Was ist Physiotherapie ?
Physio-Therapie – aus dem Griechischen für die „therapeía“ – die Pflege und Heilung der „phýsis“ – der Natur, des Körpers, um dessen natürliche Funktion wiederherzustellen und das Wohlbefinden zu steigern und zu erhalten. Schon zu Lebzeiten des Hippokrates galt der gesunde Mensch als ein Organismus im Gleichgewicht. Schmerzen und Krankheit waren Störungen des physischen, aber auch des psychischen Gesamtzustandes. Wenn unser Körper schmerzt, sendet er uns ein Signal, dass wir aus diesem natürlichen Gleichgewicht geraten sind und für uns sorgen sollen.
Am Anfang fast jeder Therapie steht also der Schmerz
Aber welcher Schmerz – wann und wie ist er gekommen und wie genau fühlt er sich an? Ein Stechen, ein Reißen – ist er dumpf oder pochend – ist er immer da oder kommt und geht er wie er will?
Gibt es erschwerende Symptome beim Wasserlassen oder Stuhlgang (Inkontinenz), Lähmungserscheinungen, Kribbeln, Taubheitsgefühle oder strahlt der Schmerz aus?
Darauf basierend wird die ärztliche Verordnung für die physiotherapeutische Behandlung erstellt, z.B.:
Der wichtigste und erste Schritt in der Physiotherapie ist die persönliche Begegnung von Therapeut und Patient und der Austausch über das emotionale Erleben der Erkrankung beim Patienten, sein privates und berufliches Umfeld und sein Bewegungsverhalten. Ein positiver Zugang zum Menschen mit pädagogischen und psychologischen Ansätzen fördert den Behandlungseffekt wesentlich.
Die Einsatzbereiche für Physiotherapeuten beschränken sich nicht auf ambulante Praxen – man findet sie ebenso für die kurative Therapie und Beratung in Krankenhäusern oder für die Rehabilitation in stationären und teilstationären Einrichtungen sowie als vielerorts als Berater zur Vorbeugung von Krankheiten.
Im Laufe ihrer Entstehung sind zwei große Bereiche der Physiotherapie entwickelt worden:
Durch Bewegungstherapie und Krankengymnastik können Erkrankungen mit aktiven und passiven Bewegungen geheilt oder ihnen vorgebeugt werden. Aktive Bewegungen führt der Patient selbst aus, passive Bewegungen werden durch einen Therapeuten oder mit Hilfsmitteln geführt.
Bei der physikalischen Therapie werden physikalische Hilfsmittel eingesetzt – bspw. mechanische Reize wie bei der Massage, Wärme und Kälte, Wasser oder Strom wie bei der Elektrotherapie.
Die Physiotherapie nutzt die Selbstheilungskräfte unseres Körpers, um Funktionsstörungen zu behandeln oder hilft uns bei der Prävention, um diese zu vermeiden.
Sie wird verordnet bei:
Aber auch bei Erkrankungen der inneren Organe sowie bei Erkrankungen des Zentralen Nervensystems – z.B. Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Querschnittslähmungen u.v.m.
Bei chronischen Erkrankungen kann eine physiotherapeutische Begleitung lebenslang erforderlich sein, um ggf. mit dem Einsatz von Hilfsmitteln die Bewältigung des Alltags und eine weitestgehende Selbständigkeit zu ermöglichen.
Wir sind nicht zum Sitzen geboren
Unser moderner Lebensstil hat das Sitzen zur wesentlichen Haltung gemacht, doch unser Körper ist nicht zum Sitzen geboren. Sogar Kinder sitzen mittlerweile bis zu 70% des Tages – in der Schule, am Computer, vor dem Fernseher und im Bus oder Auto. Körperliche Aktivität und Sport ist gerade im Kindesalter und in der Jugend eine wichtige Voraussetzung für Wachstum und Entwicklung, da nahezu alle biologischen Systeme davon abhängig sind, in der angemessenen Weise beansprucht zu werden.
Und auch bei den Erwachsenen steigt die Zahl der „Couch-Potatoes“ immer mehr an. Bildschirmarbeit, lange Wege zur Arbeit, Mobil-Telefone und soziale Medien – all diese Dinge beeinträchtigen unseren Körper, der eigentlich für ein Leben mit viel Bewegung gebaut ist.
Ein wesentlicher Faktor sind außerdem die Auswirkungen von Anspannung, Leistungsdruck und Stress, die sich natürlich psychisch niederschlagen, aber ebenso sichtbar werden in den vielfältigen Verspannungen, die sich in unserem Muskelapparat und den Faszien ansiedeln – oft diagnostiziert als unspezifische Schmerzen. Über 80% der Bevölkerung leidet Schmerzen oder hat im Leben bereits einmal solche Schmerzen gehabt:
Wer hat nicht schon einmal den Pfeil einer Hexe beim „Hexenschuß“ im unteren Rücken gespürt oder „zuviel Last auf den Schultern“ – viele haben eine „Achillesverse“ – und wem sitzt nicht öfter „etwas im Nacken“?
Das Eine oder Andere kennen wir alle. Die Frage ist nur, wie wir mit den Signalen unseres Körpers umgehen. Ignorieren wir den Schmerz, so lange es geht oder nehmen Medikamente, um weiter funktions- und leistungsfähig zu bleiben, bis es nicht mehr geht? Oder hören wir auf den Hilferuf und suchen uns Unterstützung, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu helfen? Gönnen wir uns im getakteten Alltag Ruhephasen, Entspannung und die Freude an der Bewegung, die das Gleichgewicht von Körper und Geist wieder herstellen und erhalten kann?
Die Physiotherapie kann Ursachen des Schmerzes sichtbar machen, die auf einem Röntgenbild nicht zu erkennen sind. Sie ist eine wichtige Ergänzung oder sogar Alternative zur medikamentösen oder operativen Behandlung unserer Schmerzen und kann uns im besten Fall die Freude an der Bewegung zurückgeben.
Physiotherapie kann uns außerdem einen Weg zeigen, durch Selbstfürsorge Schmerzen vorzubeugen:
Ein Lebensstil, der Bewegung und Entspannung als feste Bestandteile enthält – kombiniert mit einer gesunden Ernährung mit wenig Fleisch, ohne zu viel Alkohol, Fett, Zucker und Nikotin – sorgt automatisch für mehr Flexibilität und Lebensqualtität – in Körper und Geist.